Kuration
RAW Photo Triennale Worpswede 2023
Jahresthema “Turning Point. Turning World”
Die gesellschaftliche, politische und soziale Wirklichkeit ist von Veränderungen, Krisen und kritischen Momenten
gekennzeichnet. Ob technologische Neuerungen, ökologische Katastrophen, demographische Umwälzungen oder
sozio-kultureller Paradigmenwechsel – die Welt befindet sich an einem Wendepunkt.
Die vierte Ausgabe von RAW möchte mit dem Thema »Turning Point. Turning World« diesen Prozess der radikalen Veränderung
in den Fokus nehmen und Künstlerinnen und Künstler präsentieren, deren Arbeiten sich intensiv mit den sozialen,
politischen und ökologischen Narrativen unserer Welt auseinandersetzen. Die Auswahl erfolgt durch ein (inter)nationales
Kuratoren-Team. Unter den vier Schlüsselbegriffen #RISK, #FAKE, #EGO und #NEXT bieten die zentralen Ausstellungen der
RAW Photo Triennale zum diesjährigen Thema »Turning Point. Turning World« eine Mischung aus aktuellen dokumentarischen
und künstlerischen Foto- und Videoarbeiten
Ausstellung #FAKE
Worpsweder Kunsthalle
18.3–11.6.2023
Kurator: Wolfgang Zurborn
Beteiligte Künstler*innen: Weronika Gesicka (PL), Lori Nix & Kathleen Gerber (US), Karina-Sirkku Kurz (DE), Max Pinckers (BE) und Torsten Schumann (DE)
Die Suche nach Wahrhaftigkeit und die Perfektionierung der Täuschung bilden für die künstlerischen Positionen der Ausstellung #FAKE keinen unüberwindbaren Gegensatz beim Umgang mit dem Medium Fotografie. In Zeiten einer medialen Überflutung mit Fake News weicht die Trennlinie zwischen Fiktion und Wirklichkeit immer mehr auf. Das Bewusstsein dafür zu schärfen, ist das Anliegen der vorgestellten Arbeiten. Mit einem breiten Spektrum fotografischer Herangehensweisen werden kollektive Wertvorstellungen hinterfragt.
Weronika Gesicka
Spuren sind per Definition Zeichen oder andere Hinweise auf das Vorhandensein oder Vergehen von etwas. Beweise für eine Präsenz. Bestätigung einer Beteiligung. Beispiele für solche Spuren sind Fotografien, die die Existenz von Menschen, Situationen, Momenten dokumentieren. Sie sind wie Engramme, die durch bestimmte Reize und Erfahrungen entstanden sind. Dieses Projekt basiert auf alten Fotografien, die in einer Bilddatenbank erworben wurden - Familienszenen, Urlaubssouvenirs und Alltagsleben zwischen Wahrheit und Fiktion. Es ist schwer herauszufinden, ob sie spontan sind oder vollständig inszeniert. Wir wissen nichts über die tatsächlichen Beziehungen zwischen den Personen auf den Fotos, wir können den Wahrheitsgehalt ihrer Gesten und Blicke nur erahnen. Wer sind oder waren diese Menschen auf den Fotos? Handelt es sich um Schauspieler, die glückliche Familien spielen, oder um echte Menschen, deren Fotos von der Bilddatenbank zum Verkauf angeboten wurden? Einige sind anwesend. Andere verschwinden aus den Bildern, hinterlassen aber immer eine Spur. Diese auf verschiedene Weise veränderten Bilder werden in einen neuen Kontext gehüllt: Unsere Erinnerungen an diese Personen und Situationen werden transformiert und verschwimmen allmählich zu einer neuen Realität…
Weronika Gesicka, geboren in Włocławek (Polen), ist eine bildende Künstlerin, die sich auf Fotografie konzentriert und auch Objekte und Artefakte schafft. Sie schloss ihr Studium an der Fakultät für Grafik an der Akademie der Schönen Künste in Warschau ab. In ihren Projekten erforscht sie Themen im Zusammenhang mit dem Gedächtnis und den zugrunde liegenden Mechanismen. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören der Paszport “Polityki” Award for Visual Arts (2019), der EMOP Arendt Award (2019) und der Foam Talent Award (2017). Gęsickas Arbeiten wurden weltweit ausgestellt und befinden sich u. a. in den Sammlungen des Dom Museum Wien in Österreich, der Arendt Collection, Luxemburg, des MuFo Museum of Photography in Krakau, Polen, des Nationalmuseums in Wroclaw, Polen und der Deutsche Börse Photography Foundation, Deutschland.
Karina-Sirkku Kurz
Bei dem fotografischen Werk Supernature (2015 - 2019) von Karina-Sirkku Kurz ist der menschliche Körper das zentrale Motiv. Ihre Bilder versteht sie als ein visuelles Staunen über Dinge, über die Welt und über das, was Menschen tun. So rückt die ästhetisch-plastische Chirurgie in ihr Blickfeld, die den Körper als ein formbares, skulpturales Objekt begreift. Der Natur wird hier mit einem operativen Eingriff nachgeholfen, um künstlich geschaffenen Schönheitsidealen zu entsprechen. Mit einer konzeptionellen Herangehensweise kombiniert die Fotografin Exponate in unterschiedlichen Größen, produziert mit ausgewählten Druck- und Ausbelichtungsverfahren.
Jenseits einer linearen Erzählung mit moralisierender Wertung fügen sich formal komprimierte Blicke auf Körperteile und medizinische Objekte zu einem Narrativ zusammen, das Fragen aufwirft zum Selbst-Bild der Menschen. Dieses wird immer mehr zu einem fragilen Konstrukt in einer von Mythen der Werbung geprägten Alltagswelt.
Karina-Sirkku Kurz hat in Bremen, Lahti und Helsinki studiert, wo sie ihr Studium der Fotografie an der Aalto University, School of Arts, Design and Architecture mit einem Master abschloss. Seit 2013 arbeitet sie als freischaffende Künstlerin mit dem Medium Fotografie. Neben der Dokumentation oder Abstraktion vorgefundener Sujets, fertigt sie dreidimensionale Objekte an, um diese anschließend in eine Fotografie zu überführen. Ihre Arbeiten werden national und international in Ausstellungen und auf Festivals gezeigt, in Büchern und Kunstmagazinen publiziert, sie sind in Sammlungen vertreten, werden durch Stipendien gefördert und mit Preisen, wie dem Finnish Photobook Of The Year, ausgezeichnet.
Max Pinckers
Für Margins of Excess reisten Max Pinckers und Victoria Gonzalez-Figueras während der Präsidentschaftswahlen 2016 quer durch die Vereinigten Staaten. Sie recherchierten Geschichten, in denen Menschen einen “Prozess durch die Medien” erleben. Ihre sechs Protagonist*innen standen jeweils im Mittelpunkt eines Medienrummels, in dem sie der Täuschung bezichtigt wurden, weil sie versuchten, einen persönlichen Traum zu verwirklichen. Fiktion und Phantasie scheinen ein wesentlicher Bestandteil ihrer Realität zu sein. Pinckers lässt seine Probanden für sich selbst sprechen und kombiniert ihre Aussagen mit Bildern, die er mit seiner eigenen Vorstellungskraft geschaffen hat. Margins of Excess hinterfragt, was wir in einer Welt der “alternativen Fakten”, “Fake News” und “Post-Truth” als Wahrheit akzeptieren können oder wollen. Dies ist eine Anregung für eine freiere, subjektivere Herangehensweise an den traditionellen Begriff des Dokumentarischen.
Max Pinckers, geb. in Brüssel, wuchs in Indonesien, Indien, Australien und Singapur auf. Im Jahr 2007 kehrte er nach Belgien zurück, um an der Hochschule der Künste in Gent Fotografie zu studieren, wo er 2021 einen BA, MA und PhD in den Künsten erlangte. In seiner Arbeit erforscht er die kritischen, technologischen und ideologischen Strukturen, die die Produktion und den Konsum von Dokumentaraufnahmen umgeben. Für ihn ist die Dokumentarfotografie mehr als nur die Darstellung einer äußeren Realität: Er ist ein spekulativer Prozess, der sich der Realität und der Wahrheit als plurale, formbare Begriffe nähert. Er wird von der Galerie Sofie Van de Velde in Antwerpen und Tristan Lund in London vertreten.
Torsten Schumann
Für Torsten Schumann sind urbane Räume Orte voller Rätsel und Verwirrungen. Mit einem subtilen Humor setzt er mit ungewöhnlichen Perspektiven im Alltag gefundene Objekte und Szenerien so ins Bild, dass sie den Paradoxien und Absurditäten des zeitgenössischen Lebens einen lebhaften Ausdruck verleihen. Besonders augenfällig wird dies in seiner aktuellen Serie Vermillion Confusion, die in den Jahren zwischen 2020 und 2022 in China entstanden ist.
In stoß an stoß zusammengefügten Bildpaaren verdichten sich seine fragmentarischen Blicke auf das städtische Leben zu hochkomplexen Bildmontagen, in denen man die Orientierung verlieren kann, was eigentlich noch echt ist und was schon Fake. Gerade mit der Auflösung dieser Grenze zwischen Schein und Wirklichkeit schafft Schumann eine fotografische Bildsprache, die eine gesunde Skepsis gegenüber einem eindeutigen Wahrheitsgehalt der Fotografie evoziert und zugleich von einer empathischen Neugier für das Besondere im Alltäglichen getragen ist.
Torsten Schumann ist ein deutscher Fotograf, der seit 2020 in China lebt. Seine Arbeiten wurden international ausgestellt, u.a. in der Context Galerie des Filter Photo Festivals Chicago, im Center for Fine Art Photography, Fort Collins; der Soiz Galerie Passau; der Galerie Sehnsucht Rotterdam sowie in der Jarvis Dooney Galerie Berlin. Darüber hinaus waren sie auf Festivals wie Circulation(s) Paris, HeadOn Sydney und Kaunas Photofestival vertreten. Schumann erhielt mehrere Preise für seine fotografische Arbeit, wie den Arte Laguna Prize, den PDN Photo Annual Award und den OPUS Magazine Photo Prize. 2016 wurde sein Buch More Cars, Clothes and Cabbages bei Peperoni Books veröffentlicht.
Lori Nix und Kathleen Gerber
Die dominierenden Themen für die Arbeiten von Lori Nix und Kathleen Gerber sind die konstruierte Fotografie, die Landschaft in Aufruhr und die Gefahr gepaart mit Humor. Ihre Bilder entsprechen nicht der Tradition einer idyllischen Landschaft. Statt die schöne oder heroische Aussicht zu zeigen, blicken sie auf dunkle Ecken des Lebens. Sie interessieren sich für die Ruinen, die die menschliche Prachtentfaltung hinterlässt. Ihre Szenen sind in der Regel menschenleer. Die Spuren der Menschen sind zwar noch sichtbar, aber die Ursache für ihre Abwesenheit bleibt unklar, so dass die Betrachter*innen die Erzählung vervollständigen können. In der Serie The City konzentrieren sie sich auf die Ruinen von Stadtlandschaften. Sie haben Räume ausgewählt, in denen moderne Kultur, Wissen und Innovation zelebriert werden. Hier sind die Monumente der Zivilisation verlassen, in einem Zustand des Verfalls, während natürliche Elemente wie Pflanzen, Insekten und Tiere beginnen, die Räume wieder zu besiedeln.
Lori Nix und Kathleen Gerber machen seit über dreiundzwanzig Jahren gemeinsam Kunst. In Cleveland, Ohio, konstruieren sie akribisch detaillierte Modelle von Lebenswelten und fotografieren die Ergebnisse. Sie betrachten sich selbst als unechte Landschaftsfotografinnen. Durch den fotografischen Prozess wird die fiktive Szene in einen surrealen Raum verwandelt, in dem Maßstab, Perspektive und das Dokument der Fotografie eine Spannung zwischen der materiellen Realität der Szene und der Unmöglichkeit der dargestellten Erzählung erzeugen. Die Vorstellungskraft des Betrachters wird dabei stimuliert. Sie wollen, dass ihre Szenen komplexe und letztlich offene Erzählungen vermitteln.
Rezensionen
Schichtungen des Realen
Ausstellung im Kunsthaus sans titre, Potsdam
25. September - 30. Oktober 2022
Mit Arbeiten von:
Elena Helfrecht • Karina-Sirkku Kurz • Gisoo Kim • Axel Beyer • Wolfgang Zurborn
Kuratiert von Wolfgang Zurborn
Es ist ein glücklicher Moment, wenn innere Bilder und äußere Realität zusammenkommen in subjektiven Wahrnehmungen von Lebenswelten. Das Medium der Fotografie kann dann, jenseits des Glaubens an eine eindeutige Interpretation der Wirklichkeit, immer tiefer eindringen in die komplexen Schichtungen des Sichtbaren. Die künstlerische Haltung ist dabei, sich nicht vorschnell zufrieden zu geben mit dem einfachen Abbild der Welt, sondern mit experimentellen und konzeptionellen Methoden visuelle Metaebenen zu entwickeln. In diesen entsteht eine Kraft der Imagination, die die Betrachter*innen mit eigenen Erfahrungen und Fantasien füllen können.
Die Künstler*innen Elena Helfrecht, Karina-Sirkku Kurz, Gisoo Kim, Axel Beyer und Wolfgang Zurborn hinterfragen mit ihren fotografischen Arbeiten ihre eigene Identität mit all den Prägungen, die sie durch familiäre, gesellschaftliche, kulturelle und politische Einflüsse erhalten haben. Ihre Arbeiten bewegen sich meist auf der Schnittstelle zwischen real und surreal und ermöglichen mit ihren ungewöhnlichen Bildwelten einen Blick auf unsere Gegenwart jenseits konventioneller Denk- und Wahrnehmungsmuster.
So untersucht Elena Helfrecht mit ihrer Arbeit Plexus (2018–heute) den Einfluss der Familie auf psychologische und kulturelle Prozesse innerhalb einer vier Generationen umspannenden Geschichte. Dabei verschmelzen dokumentarische und inszenierte Bilder zu einer Art allegorischem Theaterstück, in dem ihr Familienanwesen in Bayern zu einer Bühne wird, auf der alltägliche Objekte zu geheimnisvollen Darstellern von Gegenwart und Vergangenheit transformieren. Im Stil eines magischen Realismus werden präzise Einblicke in einen privaten Kosmos gegeben und zugleich eine sinnbildliche Erzählung voller Symbole und Assoziationen kreiert, die in ihrer visuellen Verdichtung das Abgebildete aus dem konkreten Kontext entrückt.
Bei dem mehrteiligen fotografischen Werk Supernature (2015 - 2019) von Karina-Sirkku Kurz ist der menschliche Körper das zentrale Motiv. Ihre Bilder versteht sie als ein visuelles Staunen über Dinge, über die Welt und über das, was Menschen tun. So rückt die ästhetisch-plastische Chirurgie in ihr Blickfeld, die den Körper als ein formbares, skulpturales Objekt begreift. Mit einer konzeptionellen Herangehensweise kombiniert sie bei der Installation ihrer Arbeit Exponate in unterschiedlichen Größen, produziert mit ausgewählten Druck- und Ausbelichtungsverfahren. Jenseits einer linearen Erzählung mit moralisierender Wertung fügen sich formal komprimierte Blicke auf Körperteile und medizinische Objekte zu einem Narrativ zusammen, das vielmehr Fragen aufwirft zum Selbst-Bild der Menschen.
Gisoo Kim geht beim Umgang mit ihren fotografischen Bildern noch einen Schritt weiter, indem sie durch Sticken, Schneiden und Collagieren konkreten Sichten auf die Welt weitere visuelle Ebenen hinzufügt. In der Schichtung und Interaktion der verschiedenen Materialien und Bildwelten mit variierender formaler Abstraktion kreiert die Künstlerin eine Vielzahl neuer Realitäten. Natur, Nachhaltigkeit und das Zusammenleben der Menschen bilden dabei für sie die grundlegenden Themen und so stellen Fotografien von Menschen in Landschaften häufig das Ausgangsmaterial ihrer Mixed Media Arbeiten dar. Die experimentelle Überarbeitung entrückt im weiteren künstlerischen Prozess das Abgebildete aus realen Kontexten und entwickelt dabei eine poetische Kraft der Bilder, die einen neuen Blick auf scheinbar Vertrautes möglich macht.
Die visuelle Montage ist auch für Axel Beyer die angemessene Technik, einen konkreten Ort einerseits präzise fotografisch zu erkunden und andererseits eine sehr pointierte persönliche Sicht auf Absurditäten des Alltäglichen zu formulieren. Vorgefunden hat er diese in der hessischen Kleinstadt Bebra, die er aus familiären Gründen häufig besucht hat und dabei das Interesse für eine dokumentarische Annäherung entstanden ist. Ihm wurde aber schnell klar, dass eine nüchtern sachliche Darstellung nicht das vermitteln würde, was für ihn besonders ist an diesem Ort in der Provinz. Unter dem Titel Bebra Curiosa hat er dann Fotomontagen kreiert, die mit einer visuellen Verschachtelung von Innenräumen und Außenwelten, grotesken Verschiebungen der Größenverhältnisse und aberwitzigem Zusammenspiel alltäglicher Objekte einen humorvoll ironischen Blick auf das ansonsten Übersehene werfen.
In der Serie Play Time (2015-2019) von Wolfgang Zurborn wirken die Fotografien auch oft wie Collagen, aber es sind tatsächlich Momentaufnahmen aus dem städtischen Leben bei verschiedenen Anlässen und an unterschiedlichen Orten. Mit ungewöhnlichen Perspektiven werden die Betrachter*innen in eine ganz eigenwillige, skurrile Bilderwelt entführt, in der Szenen und Objekte des alltäglichen Lebens scheinbar aus dem Lot geraten sind. Der zeitgenössische Mensch findet sich in einer Play Time wieder, in der die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen. Das Gefühl für die Geborgenheit in einem vertrauten Lebensraum löst sich dabei immer mehr von einem konkreten Ort ab hin zu einer Welt voller künstlich geschaffener Mythen.
Listen to the Photographs
Ein Fest der Fotografie mit einer großen Gruppenausstellung, Artist Talks, Führungen, Instagram Take Overs, Video Meetings und einer Party. Vom 22. September bis zum 19. Oktober 2021 werden im Pop-Up-Raum Hamburg zeitgenössische fotografische Projekte aus einer ganzen Dekade vorgestellt und in einem vitalen Dialog erlebbar gemacht.
Ausstellungseröffnung: Freitag, 24. September 2021, 19 Uhr
Einführung: Wolfgang Zurborn, “Listen to the Photographs”
Ausstellungsdauer: 25. September bis 17. Oktober 2021
Ort der Ausstellung: Pop-Up-Raum Hamburg, Grindelallee 129
Das Team
Organisation: Monika Barth
Art Director: Lena Matrosova
Kurator: Wolfgang Zurborn
Jackie Baier • Monika Barth • K.T. Blumberg • Eva Brunner • Marina d’Oro • Sonja Düring • Janick Entremont • Uta Genilke • Monika Hager • Dieter Hanke • Gabriele Harhoff • Christine Herold • Peter Hilden • Hengame Hosseini • Anne Jenter • Tobias Keppler • Steffen Knop • Lena Matrosova • Uwe Nölke • Torsten Schumann • Cina F. Sommerfeld • Elke Sonntag • Ruth Stoltenberg • Corinna Streitz • Barbara Thieme • Irina Tübbecke, Rosemarie Zens • Wolfgang Zurborn
Rezensionen
TIDETVhamburg Kulturtipp - Listen to the photographs! - Hamburg immer anders!
https://www.youtube.com/watch?v=Vgf-8BZse60
NDR HAMBURG Journal
https://www.facebook.com/evabrunner/videos/1107706416703027
Floating Identities
Ausstellung im Kunsthaus sans titre, Potsdam
Kuratiert von Wolfgang Zurborn
4. - 31. Oktober 2020
KT Blumberg Pommes im Paradies, Andreas Herzau Helvetica, Nikita Teryoshin I’ve never been to Russia, Andrea Wilmsen Fragile Realitäten und Wolfgang Zurborn Play Time
Inwieweit ist für das Individuum im digitalen Medienzeitalter mit seiner Flut von Bildern, die unser Denken und Empfinden permanent beeinflussen, eine persönliche Wahrnehmung im öffentlichen Raum noch möglich? In einem Balanceakt zwischen der Freiheit zur assoziativen Betrachtung und dem unleugbaren Bezug zur gesellschaftlichen Realität behandeln die 5 Fotograf/Innen der Ausstellung Floating Identities diese Fragestellung. Die stilistische Spannbreite reicht dabei von ironisch gebrochenen dokumentarischen Ansätzen bis hin zu einer radikal subjektiven Perspektivierung, in der nur noch Reste des Authentischen erkennbar sind. Letztlich geht es darum, Alltagserfahrungen in unterschiedlichen Nationen und sozialen Konstellationen in ihrer lebendigen Komplexität und ihrem rasant beschleunigten Wandel zu erfassen. Die Kohärenz der Welt löst sich immer mehr auf und die Identitätsfindung wird für den modernen Menschen immer mehr zu einem schwebenden Zustand ohne Erdung.
Mit ihrer Serie Pommes im Paradies entführt uns die Fotografin KT Blumberg in tropische Wellness-Oasen. Die Sehnsucht nach einer Welt jenseits des Alltagsstresses lässt die Menschen vergessen, dass sie sich an einem völlig künstlich konstruiertem Ort befinden, in dem die Strandidylle am Reißbrett entworfen wurde und jegliche Natürlichkeit eine unerreichbare Illusion darstellt.
Die eingefangenen Szenerien zwischen Mythos und Wirklichkeit werden aber mit einer solch humorvollen Leichtigkeit eingefangen, dass einem genauen Hinschauen ohne eindeutige Bewertung Raum geschaffen wird.
Für Wolfgang Zurborn sind die Bilderwelten einer Freizeit- und Medienkultur, die von Film, Fernsehen, Internet und Werbung auf Monitoren, Leinwänden, Displays von Handys, in Zeitschriften, auf Plakaten und Häuserfassaden verbreitet werden, so omnipräsent, dass sie nicht mehr getrennt vom realen Leben gesehen werden können. In seinen vielschichtigen Fotografien erscheint der Mensch in einer Playtime, in der die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit verschwimmen.
Die fragilen Realitäten von Andrea Wilmsen sind in Lissabon aufgenommen worden und stellen trotzdem in keiner Weise eine Dokumentation dieses geografisch begrenzten urbanen Raumes dar. Ihr Fokus liegt eher auf inneren Bildern, die im Dialog mit der äußeren Lebenswelt die Flüchtigkeit der sich permanent verändernden Dynamik der Stadt einfangen. Fragmentarische Sichten lösen sich von einer konkreten Darstellung des Ortes und fügen sich zu einer Konstruktion von Wirklichkeit zusammen, die die Fantasie des Betrachters stimuliert.
Andreas Herzau richtet seinen Blick dagegen ganz konkret auf das Selbstbild einer Nation. Sein Buch- und Ausstellungsprojekt Helvetica stellt eine fotografische Auseinandersetzung mit der Schweiz dar. Es sind die Bruchstellen im nach außen hin so glatten Image dieses Landes, die der Fotograf mit überraschend kontrastierenden Schnitten in der Bildabfolge in Szene setzt. Mit seinen radikal subjektiven Perspektiven überschreitet er die Grenzen eines klassischen Bildjournalismus.
Mit seinem Langzeitprojekt Ich war noch nie in Russland geht Nikita Teryoshin auf Spurensuche in einem Land, das er vor 20 Jahren verlassen hat. Dabei ist seine Wahrnehmung nicht von Nostalgie getrübt. Mit hartem Blitzlicht durchleuchtet er die Inszenierungen der Regierung mit all ihren Zeremonien, Märschen und Paraden. Moskau und St. Petersburg entwickeln sich für ihn zu Potemkinschen Dörfern, in denen die Individuen verloren wirken zwischen vielfältigen Trugbildern. Die intensive Suche nach der eigenen Identität verortet er nicht in der Vergangenheit. Als Reisendem zwischen den Welten sieht er diese eher in der permanenten Auseinandersetzung mit der Gegenwart.
Rezensionen
1000 Wirklichkeiten - 100 Jahre GDL/DFA
“Mit Arbeiten von mehr als 150 Fotograf*innen zeigte die Ausstellung “1000 Wirklichkeiten” die große Vielfalt künstlerischer Fotografie in Deutschland der letzten 100 Jahre und der Titel macht klar, dass die DFA einen offenen Blick für die unterschiedlichsten künstlerischen Strategien dieses Mediums hat. Wolfgang Zurborn hat sie so kuratiert, dass Visionen für die Zukunft historischen fotografischen Positionen direkt gegenübergestellt wurden. (Quelle: https://dfa.photography/post/dfa-jubilaums-publikation-1000-wirklichkeiten-100-jahre-gdldfa)”
Siehe auch “Voller Erfolg” | Das Making-Of der Jubiläumswoche
Die Fotograf*innen der Ausstellung „1000 Wirklichkeiten - 100 Jahre GDL/DFA“
Publikation zur Ausstellung
Die Publikation „1000 Wirklichkeiten - 100 Jahre GDL/DFA“ basiert auf der gleichnamigen Ausstellung im Haus der Photographie, Deichtorhallen Hamburg, im Herbst 2019. Sie besteht aus 10 großformatigen Katalogen à 30x30cm, die in einem Schuber zusammengefasst sind. Ab sofort ist sie unter book@dfa.photography erhältlich.
In Anlehnung an die Ausstellung geht es auch bei der Publikation um die Sensibilisierung für die verschiedenen
Ausdrucksformen des Mediums Fotografie. Sie bewegt sich zwischen Authentizität und Inszenierung, Abbild und Abstraktion,
Dokument und Fiktion, Intuition und Konzept. Fotos der Installationswände der Ausstellung wechseln sich mit einzeln
hervorgehobenen Fotografien sowie kurzen, prägnanten Zitaten der Fotograf*innen ab. Ein visuelles Wechselspiel, das den
Gedanken der Ausstellung in seiner einmaligen Themenvielfalt aufgreift.
Ein gesondertes Heft widmet sich der Historie der DFA, die von Corinna Weidner und Wolfram Janzer in einem eigenen
Ausstellungsbereich präsentiert wurde.
Abgerundet wird das 10er-Set mit einem Heft über das vielfältige Tagungsprogramm während der Ausstellungs-Festwoche samt Bildern des Making-Of. Es beinhaltet auch die Vorstellung der Preisträger der David-Octavius-Hill Medaille 2019 Ute Mahler und Werner Mahler mit einer Laudatio von Ingo Taubhorn, dem Kurator des Hauses der Photographie, Deichtorhallen Hamburg.
Infos zur Publikation:
10 Kataloge à 30x30cm in einem Schuber
#01 Authentizität und Inszenierung
#02 Passion und Zufall
#03 Wissenschaft und Poesie
#04 Logik und Erfindung
#05 Fantasie und Labor
#06 Struktur und Individualität
#07 Distanz und Einmischung
#08 Nachricht und Botschaft
#09 Geschichte der GDL/DFA
#10 Festwoche und Making-Of
Fotografien und Texte von Mitgliedern der DFA
Gestaltung: Ruth Stoltenberg, Wolfgang Zurborn
Preis: 68,- Euro (für Mitglieder der DFA: 34,- Euro)
ISBN: 978-3-949672-00-2
India Vision Quest

Die Fotografien entstanden in Masterclasses von Wolfgang Zurborn am NID in Gandhinagar (Nov. 2013) und in Kolkata (März 2014). Ausstellungen mit den Arbeiten wurden in den indischen Städten New Delhi, Pondicherry, Kolkata, Ahmedabad und Bengalore gezeigt. Darüber hinaus waren sie auch 2015 in der Galerie Lichtblick, Köln und 2016 beim Festival Kolga Tbilisi Photo zu sehen.
Die Workshops wurden organisiert vom DWIH, German House for Research and Innovation New Delhi. Besonderer Dank dabei an Annette Doll-Sellen und Alexander P. Hansen.
Dank auch an Manik Katyal, Rishi Singhal und Suvendu Chatterjee für die Nominierung der Teilnehmer/Innen der Workshops.